Auto & Kosten

Urteil: Auch bei „unverschuldetem“ Unfall haften Temposünder mit

Wer viel schneller fährt als erlaubt, gefährdet den Verkehr und riskiert einen Unfall. Trotzdem wird speziell auf den Autobahnen weiterhin gerast. Auch deshalb wurden Bußgelder für Geschwindigkeitsverstöße empfindlich erhöht. Neu ist nun allerdings, dass Temposünder mithaften, sogar wenn sie selbst die Unfallgeschädigten sind. Dieses Urteil hat jetzt das Oberlandesgericht München gefällt.

Tacho, Tunnel, nachts, rasen

Wer zu schnell fährt, kann auch als Unfallgeschädigter zur Mithaftung verdonnert werden

Tacho, Tunnel, nachts, rasen

Wer zu schnell fährt, kann auch als Unfallgeschädigter zur Mithaftung verdonnert werden

Wenn es kracht, wird es meistens teuer. Wer für den entstandenen Blechschaden aufzukommen hat, muss oftmals vor Gericht entschieden werden. So auch in dem verhandelten Fall in Bayern. Auf einer Autobahn kam es im August 2019 zu einem schweren Verkehrsunfall. Ein Spurwechsler hatte das heranrasende Fahrzeug übersehen und damit den Unfall maßgeblich verursacht.

Strittig war jedoch, ob dem Unfallgeschädigten eine Mithaftung anzulasten sei, weil er mit Tempo 200 die Richtgeschwindigkeit um satte 70 km/h überschritten hatte. Ein Sachverständiger führte zudem aus, dass der Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h vermeidbar gewesen wäre.

Noch das Landgericht München I entschied, dass der Beklagte Spurwechsler vollumfänglich schuld sei. Dagegen legte der Spurwechsler Berufung ein. Mit Erfolg. Denn: Das Oberlandesgericht München entschied nun zu Gunsten des Beklagten (AZ:10 U 7382/21 e). Dem Kläger, also dem viel zu schnell fahrenden Unfallgeschädigten, sei eine Mithaftung in Höhe von 25 Prozent anzulasten.

Zwar treffe den Spurwechsler bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 7 StVO im Regelfall die Alleinhaftung, da die einfache Betriebsgefahr des anderen Kraftfahrzeugs, also das zu schnelle Fahren, hinter sein gewichtiges Verschulden, also das unachtsame Spurwechseln, zurücktrete.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei jedoch die deutliche Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 70 km/h betriebsgefahrerhöhend zu berücksichtigen. Dies und die Tatsache, dass der Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit vermeidbar gewesen wäre begründe die Mithaftung.

Wer schneller als mit Tempo 130 unterwegs sei, führte das Gericht die Urteilsbegründung aus, vergrößere in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich andere Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellen könnten und insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzen würden. Und weiter: Auch wenn die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit keinen Schuldvorwurf begründe, bedeute dies nicht die rechtliche Irrelevanz für das Haftungsrecht.

Quelle: dejure.org/kostenlose-urteile.de, Foto: AdobeStock

 

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